Als Kind hat Gerhard Schöpp ständig gebastelt oder etwas Neues ausgetüftelt. Zum Instrumentenbau kam er über das Gitarrenspiel und seine Neugierde, denn er wollte unbedingt wissen, wie eine Gitarre von Innen aussieht und wie sie funktioniert. Inzwischen fertigt der 36-Jährige in Zell am See sechs bis acht neue Instrumente pro Jahr an, hauptsächlich akustische Westerngitarren, aber auch Jazz- und E-Gitarren sowie E-Bässe, Ukulelen oder Streichinstrumente.
Der stolze Vater eines kleinen Sohnes eröffnete Ende 2017 eine Werkstatt in seinem Elternhaus, wo er neben der Produktion, auch Zubehör, Reparaturen und den Handel mit Instrumenten anbietet. Gerhards Lebensgefährtin unterstützt ihn oft in Designfragen oder bei schwierigen Entscheidungen.
Nach der Matura und dem Grundwehrdienst begann Gerhard ein Architekturstudium. Da er jedoch lieber handwerklich arbeiten wollte und Gitarrenbau bereits sein Hobby war, ging er an die Fachschule für Streich- und Saiteninstrumentenerzeuger im oberösterreichischen Hallstatt und schloss diese nach vier Jahren mit der Meisterprüfung ab. Die erlernten Fähigkeiten aus dem Studium möchte Gerhard keinesfalls missen – denn Design, Statik, Materialkunde sowie den Umgang mit CAD- und CAM Programmen nutzt er tagtäglich.
Ein Musikinstrument ist für mich etwas ganz Besonderes. Es ist nicht nur ein Stück Holz, sondern mehr als die Summe seiner Teile. Es ist Kunstwerk, Konstruktion, Raum und Resonanzkörper in einem, und nicht zuletzt ein Werkzeug, durch welches weitere kreative Werke entstehen können. Ich arbeite einfach gerne mit meinen Händen. Am Abend möchte ich sehen können, was ich den ganzen Tag über getan habe. Besonders toll ist es, wenn auf das fertig geschliffene Instrument die Oberflächenbehandlung aufgetragen wird – da beginnt das Holz plötzlich zu leben und zu leuchten. Ich liebe auch den Moment, wenn eine Musikerin oder ein Musiker ein fertiges Instrument zum ersten Mal in die Hand nimmt. Ich spiele auch ein bisschen Gitarre – aber nicht so gut, wie ich sie baue.
Eine Kurzbeschreibung ist wohl kaum möglich, aber ich versuche es. Am Anfang steht die Konzeption und die Holzauswahl, das Modell und die Details werden festgelegt. Der eigentliche Bau beginnt bei mir mit dem Aushobeln und Verleimen der Decke und des Bodens, also der Vorder- und Rückseite der Gitarre. Die Rosette rund um das Schallloch wird eingelegt, die Innenseiten zur Verstärkung beleistet. Bei der Ausarbeitung der Stärke von Decke und Boden muss ich mich auf Erfahrungswerte, aber auch auf meinen Tastsinn und mein Gehör verlassen. Jedes Stück Holz ist anders. Wird zu dünn gearbeitet, bekommt man am fertigen Instrument Probleme mit der Statik.
Lässt man die Platten zu dick, verschenkt man akustisches Potenzial. Die Zargen, das sind die Seitenwände, werden auf eine Stärke von zwei Millimetern gebracht und mithilfe von Hitze und teilweise auch Wasser in die entsprechende Form gebogen. Danach kann man den Resonanzkörper aufbauen, also Decke, Zargen und Boden miteinander verleimen. Der Hals besteht im Wesentlichen aus dem Halsschaft und dem Griffbrett, die miteinander verleimt sind. Das obere Ende heißt Kopf oder auch Kopfplatte. Diese sieht bei jedem Hersteller anders aus – sie ist sozusagen sein Markenzeichen. Am unteren Ende wird der Hals mit einem Schwalbenschwanz mit dem Resonanzkörper verbunden. Danach folgen Schritte wie Lackieren oder Ölen, das Einsetzen der Bundstäbchen, das Anfertigen von Sattel und Stegeinlage aus Knochen, das Anbringen der Mechaniken und das Aufziehen der Saiten.
Die Herstellung erfordert, je nach Modell und Ausstattung, zwischen 120 und 250 Arbeitsstunden. Ich verwende verschiedenste Holzarten, sowohl einheimische als auch tropische. Als Resonanzholz verwende ich stets heimisches Fichtenholz. Es ist leicht und steif zugleich. Für die restlichen Teile verwende ich fast ausschließlich Harthölzer wie Ahorn, Nussbaum, Palisander oder Ebenholz. Gitarren müssen sich leicht spielen lassen, korrekt intonieren und handwerklich möglichst fehlerfrei sein, damit sie auch viele Jahre lang Freude bereiten. Wenn sie auch noch schöner klingen als alles, was es im Musikladen zu kaufen gibt, ist das Verkaufen natürlich leichter.
Ich liebe alle meine Werkzeuge. Eine bestimmte Marke ist mir nicht wichtig. Ich finde es toll, wenn ein Werkzeug schön aussieht und präzise gefertigt ist. Gutes Werkzeug bleibt lange scharf, liegt angenehm in der Hand und kann viele Jahre, wenn nicht sogar ein ganzes Leben lang verwendet werden. Eine Grundausstattung an Werkzeugen ist unbedingt erforderlich, dazu gehören Handhobel, Stemmeisen, Säge, Lineal, Bohrmaschine und so weiter. Wichtig ist auch, dass man die Werkzeuge richtig schärfen kann.
Für den gehobenen Instrumentenbau braucht man aber eine Vielzahl an Vorrichtungen und Spezialwerkzeugen, die man teilweise gar nicht kaufen kann, sondern selbst herstellen muss, zum Beispiel die Innen- oder Außenformen für neue Gitarrenmodelle, Wölbungsteller, Fügeladen und ein Sammelsurium an verschiedenen Schleif- und Druckklötzen zum Verleimen. Zu guter Letzt ist es hilfreich, aber nicht unbedingt nötig, wenn man Tischlereimaschinen wie Hobelmaschine, Kreissäge, Bandsäge und Standbohrmaschine zur Verfügung hat. Ich selbst benutze auch eine CNC-Fräse für Arbeitsschritte, die sehr präzise sein müssen. So wie das Einlegen meines Logos in die Kopfplatte.
Ich möchte meinen Bekanntheitsgrad unter Musikern erhöhen und natürlich weiterhin Instrumente bauen. Ich stelle jährlich auf ein bis zwei Musikmessen oder Festivals meine Instrumente aus, um neue Kunden von meinen Produkten zu überzeugen. Manchmal schneien neue Abnehmer aber auch von selbst in meine Werkstatt – die Lage in einer touristisch sehr aktiven Gegend zahlt sich aus – ich arbeite vis-à-vis mit dem Skilift! Mein Sortiment möchte ich in Form von neuen Modellen erweitern. Ideen habe ich viele, nur meistens fehlt die Zeit, um diese zu verwirklichen. Ich versuche aber, jährlich ein neues Modell herauszubringen.
Wenn Decke und Boden einer Gitarre zu dünn geraten, leidet die Statik einer Gitarre. Lässt man die Holzplatten dagegen zu dick, verschenkt man akustisches Potenzial. Daher lotet Instrumentenbaumeister Gerhard Schöpp bei jeder einzelnen Gitarre, die er in 120 bis 250 Arbeitsstunden anfertigt, aufs Neue aus, wie er das heimische Fichtenholz und Harthölzer wie Ahorn, Nussbaum, Palisander oder Ebenholz bearbeiten muss. Daher klingen Gerhards wertvolle Gitarren besonders schön und bereiten seinen Kunden viele Jahre lang Freude.