Dies mag für manche Menschen unglaublich klingen, besonders, wenn man sich manche Fernsehsendungen ansieht, wo Menschen versuchen zu singen und es einfach nur grauenvoll klingt. Und wenn diese Menschen dann auch noch erzählen, sie hätten Gesangsunterricht, kann man sich nur noch wundern. Wie in allen anderen Berufen auch, gibt es sicher auch bei Gesangslehrern große Unterschiede in der Qualität der Arbeit. Daher sollte man sich sehr gut informieren, bevor man sich für einen Lehrer entscheidet. Man sollte darauf achten, welche Ausbildung der Lehrer selbst hat und mit welcher Leidenschaft er seinen Beruf ausübt. Singen ist eine Kunst, die man lieben muss, um sie zu erlernen. Und ein guter Gesangslehrer muss seine Arbeit lieben, muss wirklich Interesse daran haben, seinen Schülern die Kunst des Singens nahe zu bringen und sich daran erfreuen können, wenn seine Schüler Fortschritte machen und Erfolg haben.
Wir haben mit Patrik Thurner aus Graz gesprochen, einem Künstler und Gesangslehrer, der seinen Beruf mit dieser Leidenschaft ausübt und die Freude am Singen und die Techniken daher optimal vermitteln kann.
Schon während seines Studiums, was die unter anderem die Ausbildung im Bereich Jazz-Gesang Konzertfach, Instrumental- und Gesangspädagogik und Jazz Komposition und Arrangement umfasste, war er schon als Musiker und Lehrer aktiv. Da er immer sein ganzes Herz in seine Arbeit legt und versucht, so das bestmögliche zu leisten, kam er so von einem Projekt zum nächsten.
Heute hat der selbstständige Musiker ein breites Tätigkeitsfeld. Er arbeitet als Sänger, Komponist, Arrangeur, Chorleiter, Gesangslehrer und ist künstlerischer Leiter von vokal.total.
Er wird viel gebucht als Referent für Chorleitung im Bereich Jazz, Pop und Gospel und hat bereits verschiedenste Workshops zu den Themen Stimme, Chorleitung und Singen mit dem Mikrofon in verschiedensten Teilen der Erde gehalten. Zusätzlich ist er als Lektor bei der Kunstuniversität Graz, Kunstuniversität Wien und dem Johann-Joseph-Fux Konservatorium Graz angestellt.
Aber der Beruf des Musikers und Gesangslehrers besteht nicht nur aus Musik. Zur selbstständigen Tätigkeit gehört auch viel Arbeit im administrativen Bereich. Diese macht wahrscheinlich sogar den größten Teil der Arbeit aus, wenn man, so wie Patrik Thurner, auch die Tätigkeiten in den Bereichen Marketing, PR, Buchhaltung, Networking, usw. alle allein macht. Dann entfällt auf die rein künstlerische Arbeit nur noch ca. 20%.
In meinen Unterricht bringe ich meine ganze Erfahrung, inspiriert von vielen LehrerInnen und KünstlerInnen ein. Sehr gerne beziehe ich mich auf das Estill Voice Training System. Im Jahr 2015 habe ich eine Zusatzausbildung zum Estill Master Trainer abgeschlossen und vermittle seither die Inhalte dieses außerordentlichen und auf Wissenschaft basierenden Modells der Stimmerzeugung.
Als Gesangslehrer oder Vocal-Coach, der sich spezialisiert hat auf Popularmusik ist es mir ganz besonders wichtig, Lernenden zu helfen, ihren individuellen Stil zu finden. Ich versuche Sängerinnen und Sänger zu eigenständigen Künstlerinnen und Künstlern auszubilden und sehe mich oft auch als Begleiter dieser Reise.
Ich freue mich unglaublich mit, wenn wir Fortschritte erreichen. Es ist oft auch gar nicht einfach diese sichtbar zu machen, aber unglaublich wichtig, um die Motivation zum Üben beizubehalten.
Am schönsten finde ich es in die Konzerte von Sängerinnen und Sängern zu gehen, mit denen ich gearbeitet habe.
Aufgrund der wenigen Zeit biete ich derzeit keinen Privatunterricht an. Zu meinen Workshops kommt ein sehr breit gefächertes Publikum. Personen mit musikalischem Hintergrund und ohne, Jugendliche und auch Kinder. Im Tertiären Bildungssektor unterrichte ich Studierende im Alter zwischen 20-30 Jahren.
Ja, ich bin voll und ganz davon überzeugt, dass jeder singen kann. Singen ist ein Sport. Keiner würde von sich erwarten, morgen einen Marathon laufen zu können ohne nicht das entsprechende Training absolviert zu haben. Wenn jemand daran scheitert zum Beispiel „The Voice Within“ von Christina Aguilera nicht gleich heute singen zu können, kann man dann auch nicht gleich behaupten, er oder sie kann nicht singen.
Man sollte anfangen mit Gesangsunterricht, wenn es einem Spaß macht. Selbstverständlich benötigen manche Karriereziele mehr Übung und Training und es ist einfacher früher zu beginnen, aber, um wieder den Vergleich mit dem Marathon zu verwenden, man kann doch auch in hohem Alter noch eine Freude am Laufen entdecken. Vielleicht reicht es nicht für Olympia Gold, aber mit Leistungsdruck Musik zu machen ist vielleicht eh nicht sehr ratsam.
Als größte Herausforderung sehe ich die unterschiedlichsten und so vielfältigen Fähigkeiten zu vermitteln, die eine Sängerin oder ein Sänger benötigt. Und dann gibt es natürlich auch nicht das eine Erfolgsrezept, wenn man sich die Biographien der erfolgreichen Sängerinnen und Sänger ansieht. Manche hatten nie Unterricht, andere spielen 5 Instrumente – muss man Noten lesen können, was von der „klassischen Musikausbildung“ ist hilfreich für einen Popkünstler?
Ich glaube nicht an Talent. Es mag Personen geben, die aufgrund günstiger Umstände einen Vorteil haben, aber ich glaube daran, dass man sich alles erarbeiten muss und kann. Es gibt diese 10.000 Stunden Regel von Anders Ericsson, nach deren Absolvierung man ein Meister seines Faches ist. Vermutlich ist das etwas vereinfacht, aber es steckt sicher etwas Wahres dahinter. So manches Wunderkind hat in sehr jungen Jahren schon beinahe diese 10.000 Stunden hinter sich, nur den Fleiß und die Arbeit, die dahinter steckt sehen viele nicht.
In der Popularmusik gibt es Stimmfarben, Klänge, Techniken wie Sängerinnen und Sänger. Wo es in der Klassik Idealvorstellungen vom Klang der Stimme gibt, findet man im Pop unzählige Sounds. Auch hier sieht man: Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Finde ich einen Tom Waits schön, gefällt mir die Stimme von Björk, Lady Gaga oder Beyonce? Vermutlich kann man an jeder Stimme etwas Spannendes und Aufregendes finden. Messen kann man das vermutlich nur daran, ob die Geschichten, die sie mit ihren Liedern erzählen, beim Zuhörer ankommen.
Ein Grundsatz sollte aber die Stimmgesundheit sein. Diese ist nicht bei jeder Art zu singen gewährleistet. Um eine Balance zwischen den „coolen“ aber oft ermüdenden Effekten der Stimme zu finden gibt es dann uns Gesangslehrer.
„Singen ist unnatürlich“ ist eine Aussage, die Jo Estill uns mitgegeben hat. Ja, unser Kehlkopf ist in erster Linie nicht dazu da, dass wir das hohe C trällern. In seiner primären Funktion verschließt er den Atemweg. Für diese Tätigkeit sollten wir ihm auch sehr dankbar sein, denn sie „rettet“ uns das Leben, jedes Mal, wenn wir etwas Getränke oder Speisen schlucken. Diese Reflexe zu überschreiben ist ein lebenslanger Prozess. Hierbei geht es oft weniger um Entspannung im Hals, als darum diesen zu öffnen. Jo Estill hat uns hier gelehrt, die Taschenfalten zu weiten durch z.B. „inneres Lachen“ oder auch die Position von „Weinen“.
Entspannter und sicherer in der Intonation wird man durch üben, üben, üben. Ich erinnere an die 10.000 Stunden! Die Arbeit die notwendig ist für die Stimmproduktion. fühlt sich durch Training tatsächlich leichter an. Um wieder einen Vergleich mit dem Sport zu ziehen: Die Anstrengungen die in der ersten Trainingswoche notwendig sind um z.B. 10kg zu stemmen, verglichen mit Kraftaufwand nach ein paar Wochen Training sind vermutlicher unterschiedlich. Man kann nicht sagen, dass die Arbeit weniger wird, aber wir empfinden sie nicht mehr als so anstrengend! Das gleiche gilt eigentlich auch für das Gehör, dass uns in erster Linie hilft, gut zu intonieren.
Die Körperhaltung kann unter Umständen sehr wichtig sein. Dies hängt aber ab, von dem Klang, den ich erzeugen möchte. Wenn die Körperhaltung nicht in der Symmetrie ist, kann sich diese einseitige Belastung auch auf die Stimme auswirken. Das Ziel ist aber eine balancierte Haltung, da kaum jemand ganz symmetrisch ist und der Aufwand eine „gute Haltung“ einzunehmen vielleicht auch gleich wieder Verspannungen erzeugt. In allen Fällen gilt aber, wir Gesangspädagogen arbeiten mit gesunden Instrumenten. Das heißt, dass wir auf die Hilfe von Experten angewiesen sind, wenn es chronische Fehlhaltungen gibt oder Pathologien vorliegen.
Ebenso wichtig, oder sogar noch wichtiger ist die Leidenschaft, die notwendig ist, um hart an sich zu arbeiten und immer und immer wieder zu trainieren. Und es braucht Geduld mit sich selbst und die absolute Bereitschaft, wirklich anzunehmen, was der Gesangslehrer vermittelt und dabei immer offen für ehrliche Kritik zu bleiben und nicht auf falsches Lob hoffen. Besondere Leistungen sind immer nur durch vorherige Arbeit möglich – auch in der Musik. Vielen Dank an Patrik Thurner für seine Zeit und den Einblick in die Arbeit eines Gesangslehrers.