Viele Arbeiten werden heute von Maschinen erledigt. Dies ist sinnvoll, wenn dies wirtschaftlicher ist oder wenn erwünscht ist, dass die Produkte in Serie gefertigt werden und exakt übereinstimmen. Im traditionellen Geigenbau dagegen, ist Handwerk immer noch gefragt. Mit großer Leidenschaft werden hier die Instrumente in aufwendiger Handarbeit gefertigt, so dass jedes ein Unikat ist.
Um mehr über dieses Kunsthandwerk zu erfahren, haben wir mit dem 1975 geborenen Alexander Schütz aus Linz gesprochen. Bereits im Alter von 11 Jahren begann er an der Musikschule der Stadt Linz mit dem Geigenunterricht. Seine Leidenschaft für Holz und sein handwerkliches Geschick zeigte sich ebenfalls schon in diesem Alter. Mit 16 Jahren hatte er die Gelegenheit ein Ferialpraktikum bei einem Geigenbauer zu machen. Er war vom ersten Augenblick an vom „Geigenbauvirus“ befallen, was bis heute so geblieben ist.
Nach der Matura am Bundesrealgymnasium Linz Auhof, dem heutigen Europagymnasium, meldete er sich zur Aufnahmeprüfung an der Geigenbauschule in Mittenwald an, an der im Jahr maximal 3 nichtdeutsche Schüler aufgenommen werden. Dass er als einer von 12 Schülern aus 300 Bewerbern aufgenommen wurde, sah er als Zeichen, dass dies wirklich sein Weg ist und absolvierte diese Schule erfolgreich.
Anschließend arbeitete er in renommierten Werkstätten in Chicago, Bern, Utrecht in den Niederlanden, und Stuttgart und absolvierte zahlreiche Praktika in Geigenbauwerkstätten in Österreich, Kanada, den USA, Spanien, Frankreich, der Schweiz, Deutschland und Südkorea. 2004 legte er dann in Wien die Meisterprüfung ab und eröffnete 2006 in seiner Heimatstadt Linz sein eigenes Atelier und zog 2017 mit der Werkstatt in ein größeres Atelier um.
Er hat seine Entscheidung, diesen Weg zu gehen, bis heute nicht bereut. Er sagt, es haben sich immer zur richtigen Zeit die entsprechenden Türen für ihn geöffnet. So als wäre sein Weg bereits vorgezeichnet. Sein Beruf erfüllt ihn und aufgrund der großen vielseitigen Anforderungen seines Berufes wird es nie eintönig, und man ist ständig gefordert sich weiterzuentwickeln. In seiner Werkstatt arbeitet er allein, wird aber von seiner Frau unterstützt, die seine Buchhaltung macht. Ausserdem wird die Hilfe der professionellen Cellistin bei der Beratung und Betreuung von der Cello spielenden Kundschaft sehr geschätzt.
Erfolge erlebe ich eigentlich ständig bei meiner täglichen Arbeit. Wenn zum Beispiel ein Musiker sein Instrument reparieren lässt. Oder zum Service bringt und nach getaner Arbeit sein Instrument wieder glücklich in Empfang nimmt. Oder wenn Kollegen aus dem In- und Ausland Instrumente von mir restaurieren lassen und mir anschließend ihre Anerkennung und Wertschätzung ausdrücken. Auch wenn renommierte Musiker neu gebaute Instrumente von mir kaufen und spielen und anderen Menschen damit unvergessene musikalische Momente schenken. Das ist die schönste Bestätigung und Motivation für meine Arbeit.
Auf diese Aufzeichnungen und beruflichen Erfolge bin ich besonders stolz:
Wenn ich eine Geige oder Bratsche baue, brauche ich ca. 200 Arbeitsstunden dafür, für ein Cello ca. 400 Arbeitsstunden. Das Instrument wird dabei zu 99,9% in Handarbeit hergestellt, mit den gleichen oder ähnlichen Handwerkzeugen und denselben Arbeitstechniken, wie sie auch vor 400 Jahren schon verwendet wurden. Die einzigen Maschinen die ich in meinem Atelier verwende, sind eine Bandsäge zum groben Aussägen der Werkstücke und eine Bohrmaschine.
Es gibt Geigenbauer, die zum Teil Halbfertigprodukte in ihren Instrumenten verbauen. Beispielsweise gefräste Schnecken und Wölbungen, fertige Einlagespäne, fertige Lacke und dergleichen. Ich koche meinen Geigenlack selbst und habe dafür viele Jahre lang experimentiert, bis ich mit dem Ergebnis zufrieden war. Mir persönlich macht das Stechen einer Wölbung oder einer Schnecke auch zu viel Spaß, als dass ich einem Fräser dabei zuschauen könnte wie er diese schöne Arbeit für mich macht.
Vom wirtschaftlichen Standpunkt gesehen wäre es sicher sinnvoller mehr Maschinen einzusetzen, aber das hat für mich dann nichts mehr mit Kunsthandwerk zu tun. Schließlich ist jedes Instrument ein Unikat, in unserer Welt der Uniformität ist es gut, wenn es solche Dinge auch noch gibt.
Für den Geigenbau wird Ahorn und Fichte verwendet, ich beziehe mein Holz von einem befreundeten Tonholzhändler, der beim Schlagen des Holzes die Mondphasen berücksichtigt. Das klingt vielleicht ein bisschen esoterisch, beruht aber auf Tatsachen und deckt sich mit meiner Erfahrung. Wenn man bedenkt, dass der Mond Einfluss auf die Gezeiten hat, dann ist es auch nicht verwunderlich, dass sich dieser Einfluss auch auf den Safthaushalt in einem Baumstamm auswirkt. Eine Fichte beispielsweise, die bei Neumond um Weihnachten gefällt wird, ist von Haus aus trockener und braucht weniger lang gelagert zu werden, bevor man sie zum Instrumentenbau verwenden kann.
Durch dendrochronologische Untersuchungen an Instrumenten von Stradivari konnte festgestellt werden, dass er das Holz bereits 3 Jahre nach dem Fällen des Baumes verwendet hat. Künstlich getrocknetes Holz ist für den Geigenbau ungeeignet. Denn bei der künstlichen Holztrocknung besteht die Gefahr, dass die Holzstruktur durch den Trocknungsprozess beschädigt wird.
Ich verwende für meine Instrumente das schönste und beste Holz, das ich nur irgendwie finden kann. Denn im Vergleich zu der Arbeitszeit, die in einem Instrument steckt, ist der Materialpreis verschwindend gering.
Vor kurzem konnte ich von einem Wiener Kollegen wunderschönes 80 bis 100 Jahre abgelagertes Instrumentenholz erwerben – jetzt habe ich mehr Holz, als ich wahrscheinlich in meinem ganzen Leben verbauen kann – in einer Qualität, die man nicht oft findet.
Beim Bau meiner Instrumente orientiere ich mich an Modellen gut klingender Instrumente alter Meister. Ich entwerfe aber auch meine eigenen Modelle, wie im Fall meiner Wettbewerbsviola.
Für den Geigenbau verwende ich viele Spezialwerkzeuge, die ich mir im Laufe meiner Ausbildung bereits zugelegt habe. Ein großer Teil davon ist auch selbst angefertigt und genau auf meine Bedürfnisse und Anforderungen abgestimmt. Somit haben meine Werkzeuge etwas sehr Persönliches, die meisten davon begleiten mich schon seit meiner Ausbildung.
Ein „Lieblingswerkzeug“ habe ich eigentlich nicht, aber die wichtigsten Werkzeuge sind sowieso nicht materieller Art, sondern meine Erfahrung und Intuition.
Mein Service umfasst den Bau von Geigen, Bratschen und Celli, die Restauration, die Reparatur und den Service von Instrumenten der Geigenfamilie (Geige, Bratsche, Cello, Kontrabass) und deren Streichbögen.
Ein sehr wichtiger Aufgabenbereich ist die Klangeinstellung von Instrumenten gemeinsam mit der Musikerin oder dem Musiker. Ein großer Geschäftsbereich ist der Handel mit neuen und historischen Streichinstrumenten, Bögen und Zubehör, wie zum Beispiel Etuis, Saiten, Schulterstützen, Kolophonium, usw. Die Vermietung von Instrumenten und Bögen, sowie das Erstellen von Wertgutachten, Schadengutachten und Declarations of Materials für internationales Reisen mit Instrumenten runden mein Angebot ab.
Seit dem Umzug in das größere Atelier wird regelmäßig einmal im Monat ein Werkstattkonzert veranstaltet, bei dem in sehr entspannter und gemütlicher Atmosphäre verschiedene Künstler auftreten.
Musik ist zeitlos und wird den Menschen immer begleiten. So wird auch immer Bedarf an guten Musikinstrumenten bestehen. Und gerade bei den Streichinstrumenten wird es wohl immer den Qualitätsanspruch der Handarbeit geben. Sowohl für den Neubau als auch für die Reparatur. Wer über das entsprechende Geschick und die Leidenschaft verfügt, kann in diesem Beruf eine erfüllende Aufgabe finden. Vielen Dank an Alexander Schütz für dieses Gespräch und den Einblick in die Arbeit eines Geigenbauers.