In einer Zeit, in der die Welt zusammenwächst, aber auch gleichzeitig zerbricht, da die zusammen rückenden Glaubensrichtungen sich nicht einig werden können, haben viele Menschen das Bedürfnis, bei der Eheschließung auf die starren Regeln ihrer Glaubensgemeinschaften zu verzichten, möchten aber trotzdem, neben der rechtlich notwendigen, aber nicht gerade romantischen Eheschließung vor dem Standesbeamten, eine feierliche Zeremonie, welche die Bedeutung des Tages ausdrückt. Diesen Wunsch können sogenannte freie Trauredner erfüllen.
Wir haben darüber mit Petra Maria Burger gesprochen. 1971 in Linz geboren und im Mühlviertel aufgewachsen, lebt und arbeitet die verheiratete Mutter von 3 erwachsenen Kindern heute in Gramastetten.
Durch ihre Arbeit als Religionslehrerin und durch “Learning by Doing” hat sie viele Kompetenzen für ihre Tätigkeit in der Erwachsenenbildung erworben. Dazu kamen ihre Erfahrungen durch ihr ehrenamtliches Engagement in der Kirche. Ihre offene Einstellung für Situationen, die eine spezielle Begleitung erfordern, machte es möglich, dass sie sich in der Trauerbegleitung einbrachte und so Menschen in einer schwierigen und lebensverändernden Situation unterstützen konnte. Dabei wurde ihr Interesse geweckt, Rituale kompetent zu begleiten.
Da das Leben zum Glück nicht nur Abschiede, sondern auch viele freudige Ereignisse mit sich bringt, konnte sie den Bogen weit spannen und kam so auch zu ihrer Tätigkeit als Traurednerin. Die Möglichkeit, ihre Berufung als Beruf zu leben, erfüllt sie mit Freude und Dankbarkeit. Rituale in allen Bereichen des Lebens, vor allem in Übergängen, sind ihr eine Herzensangelegenheit, weshalb sie sich als Begleiterin von Ritualen und nicht nur als Traurednerin versteht.
Sie hält vorbereitende Gespräche für essentiell und nimmt sich dafür viel Zeit. Dass die individuellen Bedürfnisse gestillt werden, so dass sich jeder Mensch bestmöglich wahrgenommen und betreut fühlt, ist ihr besonders wichtig.
Der Bedarf an Ritualen und persönlich gehaltenen Zeremonien ist groß, sodass ihr Alltag ausgefüllt ist mit unterschiedlichen Herausforderungen. Sie arbeitet alleine, ist aber eine Netzwerkerin und binde andere Berufsgruppen in ihre Arbeit mit ein.
Die freien Trauungen bieten die Möglichkeit, frei von Vorschriften und Bindungen individuell zu feiern. Dadurch ist jede Feier einzigartig. Besonders gerne erinnere ich mich an eine Trauung, bei der das Eheversprechen vom Brautpaar komponiert und bei der Feier gesungen wurde oder an ein Paar, das nach einer tiefen Krise nochmals JA zueinander sagte und der Versöhnung großen Raum schenkte.
Frei bedeutet ungebunden und somit ist die Trauung an keine Weltanschauung oder Religion oder anderen Rahmen gebunden und ich kann mit Braut und Bräutigam die für sie stimmige Feier entwickeln.
Rituale weisen immer über die sichtbare Wirklichkeit hinaus. Die Liebe ist ja nicht zu fassen, da können wir mit Ritualen ausdrücken, was wir fühlen.
Ich bin eine Geherin und nehme die Menschen, die sich mir anvertrauen “mit auf den Weg”. Bei meinen Wegen – oft entlang der Großen Rodl oder auf nahe gelegene Hügel – fällt mir immer was ein und zuhause kann ich es niederschreiben. Da ich ein fantasievoller Mensch bin, sprühen meine Ideen meistens schon beim Gespräch.
Den typischen Ablauf gibt es ja nicht, aber es hat sich einiges bewährt. Im Mittelpunkt steht das Eheversprechen, das ich als Zusage für die gemeinsame Zukunft sehe. Musik ist wichtig, sie unterstreicht den Charakter der Feier, Persönliches vom Brautpaar wird erzählt, die Angehörigen werden eingebunden, kleinere oder größere Symbole oder Symbolhandlungen fließen ein. Ein Spannungsbogen wird aufgebaut.
Ich zeige dem Paar Möglichkeiten, stelle Erfahrungen zur Verfügung, fordere das Brautpaar auch, sich selbst einzubringen.
Das Band, das ich fast immer um die Hände mit den Eheringen binden darf, halte ich für wirkungsvoll. Mein eigener Ehering ist der persönliche Ankerpunkt. Ich feiere selbst demnächst Silberhochzeit (mit einem Ritual natürlich) und teile die Begeisterung für die Ehe und fürs Heiraten gerne.
Die Fernsehsendungen rund ums Heiraten beeinflussen die Rituale (z.B. Sandzeremonie). Viele kennen ja das Format “Freie Trauung” noch nicht und suchen zur Abgrenzung von Kirchen und Standesamt was eigenes.
Nach Jahren des überaus Romantischen wird es jetzt wieder schlichter und einfacher – sowohl bei Kleidung oder Deko als auch in der Zeremonie.
Ich versuche, nicht zu überfrachten und der Frage nach Authentizität auf die Spur zu kommen. Will das Brautpaar etwas wirklich oder haben sie das wo gesehen und finden es einfach toll? Und manche Paare muss man beim Reduzieren bestärken, damit es nicht zu viel des Guten wird.
So können freie Trauungen gestaltet werden. Es gibt kaum Grenzen des Machbaren. Und so kann jedes Paar genau die Zeremonie bekommen, die ihren Persönlichkeiten und ihren ganz eigenen und persönlichen Wünschen entspricht und eventuell manchen Gast überraschen wird. So haben zum Beispiel auch Paare, die nicht der gleichen Religion angehören, die Möglichkeit, ihren großen Tag auf eine Weise zu feiern, wie es in ihren Glaubensgemeinschaften nicht möglich wäre. Wir bedanken uns bei Petra Maria Burger für ihre Zeit und die Informationen zu ihrer Arbeit.