Jeder Fotograf hat sein Spezialgebiet, hat Motive, die er besonders gern in Szene setzt. Hochzeitsfotografen haben sich auf Brautpaare und Hochzeitsfeiern spezialisiert. Dieser Bereich der Fotografie erfordert viel Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit, nahezu unsichtbar zu bleiben, denn nur bei den Fotos, für die das Brautpaar extra posiert, möchten die Beteiligten den Fotograf wahrnehmen. Die Fotos, die fortlaufend gemacht werden, um die Stimmung einzufangen und Erinnerungen an eine wunderschöne Feier festhalten sollen, müssen so entstehen, dass sich niemand vom Fotografen gestört fühlt.
Um mehr über den Beruf des Hochzeitsfotografen zu erfahren, haben wir Roman Pfeiffer aus Wien befragt und um einen Einblick in seine Arbeit gebeten. Der 37-jährige, der gern mit seiner Frau Städtereisen unternimmt und als Schlagzeuger in einer Rockband spielt, kam absolut zufällig zur Fotografie. Ursprünglich hat er nach der Matura eine Ausbildung im Bereich Eventmanagement absolviert.
Als ihm bei einer Veranstaltung eine Spiegelreflexkamera in die Hand gedrückt wurde und er zum ersten Mal bewusst wahrgenommen hat, welche Ergebnisse man damit erreichen kann, hat ihn die Begeisterung und Faszination der Fotografie erfasst. Gleich am nächsten Tag begann er sich intensiv mit dem Thema zu beschäftigen.
Nachdem er viel gelernt hat und mit den ersten Aufträgen aus dem Freundes- und Familienkreis einige Erfahrungen gesammelt hat, hat seine Arbeit als Fotograf im Nebenberuf aufgebaut und ich 2017 den Traum vom eigenen Fotostudio erfüllt. Und wird dabei von seiner Frau in vielen Situationen unterstützt. Neben der Hochzeitsfotografie ist für ihn Portraitfotografie besonders faszinierend.
Bei einer Open-Air-Veranstaltung drückt mir der Moderator der Show seine Kamera in die Hand und sagt „du brauchst einfach nur abdrücken, ich habe schon alles eingestellt“. Ich frage mich was man einstellen muss, eine gute Kamera macht das doch ohnehin automatisch? Außerdem ist es viel zu dunkel, die Kamera hat nicht mal einen Blitz! Nachdem ich den Auslöser gedrückt habe und das Foto am Kameradisplay erscheint bin ich vollkommen begeistert. Ab diesem Moment wollte ich unbedingt selbst fotografieren lernen und verbrachte unzählige Stunden online in Fotografie-Foren, habe mir meine erste Spiegelreflex-Kamera gekauft und mich nächtelang mit Lehrbüchern beschäftigt. Diese Begeisterung hält bis heute an. Das Schöne am Fotografieren ist, dass man nie aufhört zu lernen und jedes Foto einzigartig ist (und bleibt). Den Bruchteil einer Sekunde für immer festhalten.
Hochzeiten sind etwas ganz Besonderes. Es macht unheimlich viel Spaß, den Tag mit gut gelaunten, aufgeregten und strahlenden Menschen zu verbringen. Diese Stimmung fotografisch festzuhalten und eine Geschichte mit den Bildern zu erzählen, ist die Herausforderung, der ich mich jedes Mal gerne aufs neue stelle.
Ein Fotoshooting im Studio oder „on Location“ beginnt immer mit einem Gespräch. Schließlich sollte man sich etwas kennenlernen und abschätzen können, welche Bilder und Ideen gewünscht sind. Man findet eigentlich immer schnell einen guten Draht zueinander und geht gemeinsam ein paar Bildideen und das zur Verfügung stehende Outfit und Accessoires durch. Nach ein paar Test- und Probebildern gehen wir fließend in das eigentliche Shooting über. Das Wichtigste ist, dass man gut miteinander kommuniziert und sich während des Shootings aufeinander einlässt.
Bei Hochzeiten verfolge ich zwei Philosophien: Ich möchte den Tag in Bildern erzählen und verhalte mich in erster Linie passiv in vielen Situationen. Es gibt so viele schöne Situationen, die keine Anweisungen vom Fotografen benötigen. Wichtig ist, dass man das Vertrauen des Brautpaares hat und sich gut in die Hochzeitsgesellschaft integriert. Natürlich wird es jedoch ganz ohne Anweisungen nicht funktionieren. Das Brautpaarshooting ist das beste Beispiel. Hier gibt es kaum spontane Bilder, hier versuche ich aktiv, das Brautpaar in Szene zu setzen. Weitere Beispiele sind Gruppenfotos oder Pärchenportraits der Hochzeitsgäste. Zusammenfassend kann man sagen: Vieles funktioniert ohne Anweisungen, in einigen Situationen ist es aber unbedingt erforderlich, dem Brautpaar oder den Gästen Anweisungen zu geben und Ideen einzubringen. Auch für Ideen der Gäste und der Brautpaare bin ich offen und probiere gerne ihre Vorschläge aus.
Ich sage immer: Licht schlägt Location. Auch Plätze, die auf den ersten Blick keinen perfekten Eindruck machen, können mit einem schönen Sonnenlicht zur perfekten Shooting-Location werden. Natürlich wünscht man sich im Idealfall beides – schöne Location mit schönem Licht. Ich wünsche mir immer eine tief stehende Sonne, da das Licht schön weich und schmeichelnd ist. Natürlich kann man auch zur Mittagszeit schöne Shootings machen – hier muss man nur die Locations so wählen, dass ausreichend Schatten vorhanden ist oder das harte Sonnenlicht bewusst einsetzen.
Unterschiede zwischen den Jahreszeiten gibt es. Zum einen natürlich die Temperatur. Frierend und schwitzend ist nicht ideal, alles dazwischen ist in Ordnung 🙂 Auch muss man im Herbst bedenken, dass es um 18 Uhr kaum noch möglich ist, outdoor ein Paarshooting umzusetzen. Im Hochsommer ist die ideale Zeit dafür sogar noch später.
Mögliche Schlechtwetteroptionen bespreche ich mit den Brautpaaren immer schon beim Kennenlerngespräch. Im Auto habe ich immer 5-6 weiße Regenschirme, die auf Gruppen- und Paarfotos gut wirken können trotz Regen. Meistens sind sie jedoch nicht nötig – oft findet man ein kurzes Zeitfenster ohne Regen oder shootet indoor bzw. unter einem Vordach, usw. Möglichkeiten gibt es genug.
Beim Paarshooting versuche immer, den Spagat zwischen Natürlichkeit und gestellten Posen zu schaffen. Das Brautpaar muss ich dabei immer auf sich und nicht auf den Fotografen konzentrieren. Anweisungen wie „den rechten Arm ein bisschen höher“ oder „schaut euch in die Augen“ sind natürlich unumgänglich, aber es sind so gut wie immer natürliche Posen, die auch so wirken sollen. Ich denke mir immer: Könnte diese Szene auch so passieren, wenn keine Kamera hier wäre? Ein Teil der Arbeit besteht auch darin, auf den richtigen Hintergrund oder das Setting sowie das Licht zu achten. Wenn das passt, entstehen fast automatisch schöne Bilder.
Dennoch ist es immer gut, beim Paarshooting 1-2 weitere Personen dabei zu haben. Das kann die Schwester oder der Trauzeuge sein. Helfende Hände sind nie schlecht, wenn es darum geht, das Kleid richtig zu positionieren oder Passanten vom Durchgehen abzuhalten.
Hochzeitsgäste werden den ganzen Tag lang fotografiert. Hier ist es ebenfalls wichtig, auf die Natürlichkeit zu achten. Es spricht zwar nichts dagegen, wenn jemand mal in die Kamera lächelt, aber der Großteil der Bilder entsteht unbemerkt. Das ist auch für die gesamte Hochzeitsgesellschaft inklusive Brautpaar meistens sehr angenehm und sie können sich darauf konzentrieren, warum sie hier sind: Ein tolles und unvergessliches Fest mit den Menschen zu feiern, die ihnen wichtig sind!
So sehr man sich auch bemüht, es wird wohl nie zwei Fotos geben, die absolut identisch sind. Jeder Augenblick ist anders und damit einmalig und besonders. Und genau das ist in guten Fotos zu erkennen. Und gerade bei Hochzeitsfotos, die einen besonderen Erinnerungswert haben, da sie nicht nur optisch den Augenblick zeigen, sondern auch Stimmungen einfangen, wird das besonders deutlich. Darin liegt wohl auch die besondere Faszination für Hochzeitsfotografen. Vielen Dank an Roman Pfeiffer für dieses Gespräch und den Einblick in seine Arbeit.